Ludwigsburg ist Bundesliga. Das ist schon lange keine Behauptung mehr, sondern ein Fakt in der deutschen Sportlandschaft. Handball beim HB Ludwigsburg, Basketball bei den MHP Riesen, Karate- und Turntalente auf nationalem und internationalem Topniveau beim MTV und dort jetzt auch: Volleyball. Die Barockstadt im Herzen Baden-Württembergs erweitert ihr sportliches Portfolio um eine Disziplin, die in einer sportverrückten Region den Sprung aus dem Schatten wagt. Mit dem Aufstieg der Barock Volleys MTV Ludwigsburg in die 1. Volleyball Bundesliga der Männer beginnt ein neues Kapitel für Stadt und Verein. Obwohl der Weg an die Spitze atemberaubend schnell war, wirkt hier nichts überstürzt. Im Gegenteil: Diese Mannschaft zeigt Reife, wo man jugendliche Unruhe erwarten würde.
„Mit den Barock Volleys wächst ein ambitionierter Club in die Bundesliga-Familie hinein, der mit klarem Konzept, sportlichem Ehrgeiz und regionaler Verankerung überzeugt“, so VBL-Geschäftsführerin Kim Oszvald-Renkema. „In allen Gesprächen fällt auf, dass dort ein großes Fachwissen und eine realistische Vision vorhanden ist. Deshalb können wir den Ludwigsburgern nur herzlich gratulieren und sind gespannt, welche Impulse Ludwigsburg der Liga geben wird.“ Und auch MTV-Geschäftsführer Ralph Schanz ist sich sicher: „Die Herausforderung ist die immer weiter wachsende Professionalisierung, die Aufstiege mit sich bringen. Wir haben uns schon früh dran gemacht, Herausforderungen zu identifizieren und trotz aller Schwierigkeiten ist es genau jetzt richtig, das zu machen.“ Und hier spricht nicht nur ein Gefühl aus Schanz.
Vom Fundament in die Höhe
„Wir haben Prozesse übersprungen“, sagt Michael Dornheim, Sportdirektor der Barock Volleys, rückblickend. Gemeint ist der kometenhafte Aufstieg des Teams: In wenigen Jahren ging es von der dritten in die erste Liga – ein Weg, für den andere Vereine oft ein Jahrzehnt brauchen. Dennoch: Wer glaubt, dieser Sprung sei reiner Zufall oder ein wackliges Kartenhaus, der unterschätzt das, was in Ludwigsburg aufgebaut wurde. „Es war nicht immer einfach, den ganzen Verein mitzunehmen. Aber das ist uns inzwischen ganz gut gelungen“, so Dornheim weiter.

Einer der Architekten des Aufstiegs ist der designierte Geschäftsführer der Spielbetriebs-GmbH, Michael Bonin.
(Foto: Barock Volleys MTV Ludwigsburg)
Michael Bonin, designierter Geschäftsführer der neuen Spielbetriebs-GmbH, sieht die Basis in der Breite des MTV: „Wir sind den Weg auf einem gesunden Fundament gegangen. Es ist ein Verein mit einer breiten Volleyballbasis und Expertise.“ Das ist der Nährboden, auf dem der schnelle Erfolg wachsen konnte. Der MTV, gegründet 1846, ist nicht irgendein Verein. Er ist in Ludwigsburg generationsübergreifendes Zuhause von rund 8.000 Mitgliedern, ein sportliches Rückgrat für Familien und Talente gleichermaßen.
Junger Hüpfer und dennoch alter Hase
Mit Blick auf einen der prägenden Köpfe auf dem Feld verfestigt sich der Eindruck, den man vom Aufstieg des MTV bekommt. Eigentlich ein junger Hüpfer, mit dem Selbstverständnis eines alten Hasen. Ben-Simon Bonin, Kapitän der Barock Volleys, ist erst 22 Jahre alt und wirkt in seiner Rolle als Führungsspieler bereits gefestigt wie ein Routinier. Kein Zufall, sondern Ausdruck der Grundhaltung, mit der der Club agiert: ruhig, reflektiert, fokussiert. „Ich habe schon in verschiedenen Vereinen, auch im Ausland, gespielt“, sagt Bonin, „aber das hier ist besonders. Ich bin hierhergekommen, weil hier schon eine Vision war. Es geht nicht darum, dass alle beste Freunde sind. Es geht darum, gemeinsam an einem Ziel zu arbeiten.“

Der junge Kapitän Ben-Simon Bonin fokussierte sein Team von Beginn an auf das Projekt 1. Bundesliga.
(Foto: Barock Volleys MTV Ludwigsburg)
Dieses Credo spiegelt sich in der Teamzusammenstellung. Es wird kein Allstar-Kader zusammengeschustert, sondern eine Mannschaft geformt, die sich entwickeln soll und das Vertrauen bekommt, dies auch zu tun. „Ohne ein Zusammenwachsen der Mannschaft gibt es kein gemeinsames Wachsen“, so der Außenangreifer weiter. „Man kann individuell besser werden und an sich arbeiten, aber die sechs besten Spieler sind nicht das beste Team.“
Sportstadt Ludwigsburg: Eine neue Dimension
Der Aufstieg der Barock Volleys ist keine Randnotiz, sondern eine logische Ergänzung zum sportlichen Selbstverständnis der Stadt. Ludwigsburg hat sich längst als Hochburg des Sports etabliert – auch politisch. Der heutige Oberbürgermeister war einst Vorsitzender des MTV und gibt seinem und den anderen Vereinen der Stadt den Rückhalt, den sie brauchen, um Spitzensport zu betreiben.
Michael Bonin bringt es auf den Punkt: „In Ludwigsburg gibt es mehr Bundesligisten als in manch großer deutschen Stadt. Das ist kein Zufall, sondern Ausdruck eines sportverliebten Umfelds.“ Der Volleyball der Männer wird dabei nicht mehr nur als Nischensport betrachtet. Zuschauerzahlen steigen, Eventtage in der Rundsporthalle füllen die Tribüne, Partnerschaften mit der Stadt und regionalen Unternehmen nehmen Fahrt auf. „Der Großraum Stuttgart hat viele Volleyballfans, die Spitzenvolleyball auch bei den Männern sehen wollen und in Ludwigsburg eine neue Heimat bekommen“, so Bonin weiter.
Zwischen Bodenhaftung und Bundesliga-Luft
Vor der Zweitliga-Saison 2024/25 war das Ziel Aufstieg klar kommuniziert. Doch zunächst lief es nicht rund. Im Dezember war ein Aufstiegsplatz in weiter Ferne. Dann fanden die Barock Volleys zurück in die Spur und kamen im Foto-Finish ins Ziel. „Das habe ich noch nie erlebt, das war ein Auf und Ab und ich bin extrem stolz, dabei gewesen zu sein“, erinnert sich Michael Dornheim und Michael Bonin ergänzt: „Diese Zeit war wichtig für den Verein, um zu zeigen, dass man auch funktioniert, wenn im Dezember die Ziele aus dem Fokus geraten und man sehr viel Optimismus braucht, um noch an den Aufstieg zu glauben. Das haben wir als Team und Abteilung zusammen geschafft.“

Nach einem holprigen Start wuchs die Mannschaft der Barock Volleys MTV Ludwigsburg zusammen und beendete die vergangene Saison auf dem dritten Platz.
(Foto: Barock Volleys MTV Ludwigsburg)
So sehr der Weg in die 1. Liga Professionalisierung verlange, so sei auch klar: Der Kern bleibt der Verein. Die DNA des Vereins bleibe erhalten, auch wenn die erste Mannschaft nun unter professionellen Bedingungen agiere, betonen die Verantwortlichen.
Dass vielleicht auch nun nicht alles reibungslos laufen wird, wissen die Verantwortlichen. „Wir haben noch viel Raum zur Entwicklung,“ sagt Michael Bonin und spricht damit Dinge wie Organisation, VIP-Bereich, Kommunikation und Spieltagerlebnis offen an. Doch gerade diese Ehrlichkeit unterstreicht: Hier wird kein Luftschloss gebaut. Hier wächst etwas Echtes.
Die Helferstruktur soll deutlich ausgebaut, die Kommunikation verbessert, die Zuschauerbindung intensiviert, das Niveau bei Events angehoben werden. In der Innenstadtsporthalle, der derzeitigen Heimstätte, sind die Kapazitäten begrenzt. Doch das Ziel ist klar: vierstellige Zuschauerzahlen, regelmäßige Spiele in der größeren Rundsporthalle – bei Highlight-Spielen auch mal in der 4.000 Zuschauer:innen fassenden MHP-Arena – und ein starker digitaler Auftritt. „Wir haben in der 2. Bundesliga viel vorbereitet“, so Bonin. „Der Sprung in die 1. Bundesliga ist deshalb zwar immer noch groß, aber nicht unüberwindbar.“
Der eigene Weg
Im Vergleich zu den anderen Aufsteigern verfolgt Ludwigsburg bewusst einen eigenständigen Kurs. „Wir kopieren nicht, was bei den anderen Aufsteigern der letzten Jahre funktioniert hat. Das ergibt auch gar keinen Sinn, weil alle unterschiedliche Standortvoraussetzungen haben“, erklärt Dornheim, der zur neuen Saison den Posten als Cheftrainer mit dem des Sportdirektors tauscht. Der Fokus liegt auf Integration, nachhaltiger Entwicklung und Identifikation. In der Akademie werden eigene Talente ausgebildet, der Verein bindet junge Spieler wie Mittelblocker Maxim Günther, Libero Laurin Schiegl, Außenangreifer Fabian Anton oder Zuspieler Jonah Dornheim gezielt in die Mannschaft ein und will sie langfristig als Gesichter der 1. Bundesliga etablieren.

Michael Dornheim führte sein Team in die 1. Liga und übernimmt nun den Posten des Sportdirektors.
(Foto: Barock Volleys MTV Ludwigsburg / JUST SHOTS)
Das Ziel für die kommende Saison ist klar: Nichtabstieg. Alles andere wäre bei einer Premiere in der ersten Liga vermessen, ist man sich sicher. Und doch ist da mehr. Mehr Ehrgeiz, mehr Visionen, mehr Herzblut. Denn Ludwigsburg will nicht nur mitspielen, es will sich etablieren. Schritt für Schritt.
„Es ist nicht wichtig, wie du heißt. Es ist wichtig, was du repräsentierst“ – ein Satz, der im Verein nicht nur gesagt, sondern gelebt wird. Kapitän Bonin bringt es auf seine ganz eigene Weise auf den Punkt. „Ich freue mich auf die Spiele am Bodensee – und natürlich auf Berlin. Und wenn junge Spieler da ihr Handy zücken, weil die Halle so groß ist, dann kann ich das verstehen und es erinnert mich an mich selbst früher. Aber danach ziehen wir unsere Trikots an und dann spielen wir. Und dann sind wir die Barock Volleys. Ohne Wenn und Aber.“ Mit einem Team, das erwachsener ist, als es auf dem Papier zu sein scheint. Mit einem Verein, der schneller gewachsen ist, als viele es erwartet haben und der dennoch auf festen Wurzeln steht. Und mit einer Stadt, die bereit ist, ihre neue Volleyball-Leidenschaft voll zu entfalten.