„Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist"

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Ines Bathen im Interview über Vereinstreue, Zukunftspläne und Teamspirit in Krisenzeiten


Ines Bathen über ihre Zeit beim USC Münster und ihren zukünftigen Weg in der (Volleyball-)Welt.

Du hast elf Jahre ohne Unterbrechung bei USC Münster gespielt. Wenn Du heute auf Deine Karriere zurückblickst: Was waren die Highlights?

Ein Highlight war allein die Tatsache, dass ich professionell Volleyball gespielt habe. Für den Sport bin ich mit 1,72 Meter eher klein. Deswegen hatte ich es mir anfangs nicht zugetraut. Aber in Münster habe ich es geschafft. 2009 gab es noch ein absolutes Highlight: der Juniorenweltmeistertitel. Das werde ich nie vergessen. Aber auch die Erfolge in der Bundesliga mit dem USC Münster waren schöne Erlebnisse. Wir sind in meiner Zeit zwei Mal Dritter geworden.

 

Du sprichst es selbst an: Kritiker sagten, Du seist zu klein für die Halle. Wie hast Du Dich durchgesetzt?

Als ich damals nach Münster gekommen bin, wollte ich mich auf Beachvolleyball konzentrieren. Das war im Sommer 2007, die Beachsaison war fast gelaufen. Ich bin dann in die Halle gegangen, wie das eigentlich alle Beachvolleyballerinnen tun. Der Plan war: Zuerst ein bisschen Hallenluft schnuppern und mich ab Winter auf die neue Beachsaison vorzubereiten. Die erste Mannschaft vom USC Münster hatte genau in dieser Phase großes Verletzungspech. Ich hatte damals als einige der wenigen Spielerinnen aus der zweiten Liga ein Doppelspielrecht. Zuerst bin ich bei der ersten Mannschaft zu Trainingsspielen mitgefahren, aber das Verletzungspech hielt an. Und so war ich plötzlich auch bei den Ligaspielen dabei. Den Trainer habe ich vielleicht mit meiner Unbekümmertheit überzeugt – ich habe nicht so viel darüber nachgedacht, wie ich spiele.  

Du bist trotz deiner Größe Außenangreiferin. Wie ist es dazu gekommen, dass dich dein Trainer auf dieser Position eingesetzt und nicht zur Libera ausgebildet hat?

Diese Debatte gab es und es waren sich viele Leute einig, dass das eine gute Position für mich wäre. Ich habe mich aber schwer getan. Die Libera-Position ist sehr wichtig, aber die Position der Angreiferin mit Block und Angriff ist vielfältiger. Und ich war immer jemand, der Punkte machen wollte – das ist als Libera eher die Ausnahme. Letztlich habe ich regelmäßig gespielt. Hätte ich als Außenangreiferin nur auf der Bank gesessen, hätte ich mir mit Sicherheit überlegt, auf Libera umzuschulen.  

Du bist erst 27 Jahre alt, viele Spielerinnen haben da ihre Hochphase. Was war der Grund, die Karriere jetzt zu beenden?

Es heißt ja, man solle aufhören, wenn es am Schönsten ist. Das ist bei mir der Fall: Ich hatte eine unfassbar geile letzte Saison und ein großartiges Team um mich herum. Leicht gefallen ist es mir trotzdem nicht. Aus körperlichen Gesichtspunkten hätte ich weiter spielen können, ich bin noch fit. Im Volleyball verdient man zwar so, dass man davon gut leben kann. Aber nicht so viel, dass man für die Zukunft ausgesorgt hätte. Ich habe gerade mein Studium beendet und es tut sich eine berufliche Chance auf, die ich nutzen will.

Mit der Jugendnationalmannschaft bist du U-20 Weltmeisterin geworden. Warum hat es nie für die A-Nationalmannschaft gereicht?

Ganz genau weiß ich es nicht. Es mag an meiner Leistung gelegen haben, das kann ich nicht einschätzen. Aber ich gehe stark davon aus, dass es in diesem Fall wirklich mit der Größe zusammenhängt, weil ich im Block deutlich niedriger bin als andere. Im Angriff kann ich das vielleicht noch wettmachen, indem ich schlau spiele, aber das ist im Block mit fehlender Größe schwierig. Es war klar, dass der Schritt schwierig werden würde. Ich habe das realistisch eingeschätzt und es war für mich in Ordnung. Ich war einfach glücklich, dass ich in der Bundesliga so viel zum Einsatz gekommen bin.

Du hast etliche Gesichter beim USC kommen und gehen sehen, bist aber trotzdem immer geblieben. Oft wechseln ja gerade junge Spielerinnen den Verein oder wollen ins Ausland. Bei dir war das anders. Wieso?

Ein Faktor war mein Studium. Das hätte ich zwar auch woanders machen können, aber hier in Münster hat alles für mich gepasst. Im Verein war es sportlich und zwischenmenschlich immer top. Das Ausland hat mich nie gereizt. Ich bin eher ein bodenständiger Typ und sehr heimatverbunden. Das Sauerland ist meine Heimat und nur etwa eine Stunde von Münster entfernt. Es gibt also nicht den einen Grund, eher mehrere:  Ich habe mich weiterentwickelt und das Umfeld war so, dass ich mich immer sehr, sehr wohl gefühlt habe.

Wie ist das, wenn sich das Team Jahr für Jahr neu formatiert?

Aus sportlicher Sicht ist es eine Herausforderung. Die Mannschaft muss sich jedes Mal wieder finden.  Es hat mich in meiner Entwicklung geprägt, dass ich sehr unterschiedliche Menschen und Spielertypen kennengelernt habe. Im letzten Jahr war der Umbruch bei uns extrem und eine sehr große Herausforderung. Aber es war auch hilfreich, dass ich nie die einzige war, die im Team geblieben ist. Das macht es einfacher.

Im April hat sich in Münster die schreckliche Amokfahrt ereignet, bei der auch deine Mitspielerin Chiara Hoenhorst schwer verletzt wurde. Wie seid ihr als Mannschaft mit diesem Vorfall umgegangen?

Es war ein einschneidendes Erlebnis. Für uns als Team war das eine schwere Phase, hat uns aber letztlich als Team zusammengeschweißt. Wir haben bewusst versucht, noch mehr Zeit miteinander zu verbringen.  Am Ende waren wir natürlich unfassbar froh, dass die Sache für Chiara verhältnismäßig glimpflich ausgegangen ist.

Hast du Pläne dem USC in anderer Form erhalten zu bleiben?

Es ist mein Wunsch, aber ob es klappt, weiß ich noch nicht. Aber: Wenn ich in Münster bleibe, dann werde ich dem Volleyball und dem USC definitiv in irgendeiner Weise treu blieben. Und selbst wenn ich wegen meines Berufs Münster irgendwann verlassen sollte, werde ich sicherlich die Kontakte pflegen. Also: Ich kann ich mir nicht vorstellen, dass ich dem Volleyball untreu werde. Da müsste schon was Großes passieren.

Du bist angehende Lehrerin, wirst also zukünftig mit jungen Menschen zusammenarbeiten. Welche Maßnahmen sind nötig, um die Jugend (wieder mehr) für den Volleyballsport zu begeistern?

Wichtig ist, als Bundesligaspielerin den Kontakt zu den jungen Leuten zu suchen. Einfach mal beim Jugendtraining vorbeischauen oder den Saisonabschluss gemeinsam mit Profis und Jugendmannschaften organisieren. Und ich denke, dass viel mehr Werbung gemacht werden muss, um die Kinder und Jugendlichen anzusprechen. Ich merke das im persönlichen Austausch: An meiner Schule betreue ich eine Volleyall-AG. Die Kinder sind ganz fasziniert, wenn ich ihnen erzähle, dass ich in der ersten Bundesliga spiele. Es kommen viele Fragen und so entsteht ein Austausch, der vielleicht den einen oder die andere dazu bewegt, am Ball zu bleiben. Man muss als Profispieler Präsenz zeigen, klar machen, was hinter dem Volleyballsport steckt, wie toll der mannschaftliche Zusammenhalt ist.

veröffentlicht am Donnerstag, 9. August 2018 um 09:14; erstellt von Hoppe, Madeleine
letzte Änderung: 07.08.18 13:54