Delitzsch macht sich lang, verliert aber.

GSVE Delitzsch vs. Oshino Volleys Eltmann, 22.04.17, 2. BLSM
Mit Oldie Sebastian Reichstein ist Delitzsch plötzlich ebenbürtig.
Foto: GSVE

Sonnabend, 19.50 Uhr. Von draußen bricht sich noch das Tageslicht in warmen Farben durch das alte Milchglas der Beckerschachtel. Was ungefähr so schön mit dem kalten Kunstlicht harmoniert, wie die GSVE-Mannschaft auf dem Feld. Pappeln im Wind, die sich biegen. 18:23 liegen die Delitzscher Volleyballer gegen den VC Eltmann hinten. Auch der zweite Satz ist weg.

Die Busladung Franken stimmt sich derweil auf die Meisterkür ein. Auf der anderen Seite der Halle werden vorsichtshalber schon Pokal und Medaillen fein auf einem blaubetuchten Tisch platziert. Die Liga-Abordnung – Jörg Papenheim und Julia Rienhoff – macht sich bereit.

19.50 Uhr kommt beim GSVE die Nummer 15 aufs Feld, erst das zweite Mal in dieser Spielzeit. Benjamin Rost muss für den 36-Jährigen, der sonst in der Sachsenliga angreift, weichen. Der Zweimeter-Mann ist das letzte Puzzleteil einer Rochade, die Trainer Frank Pietzonka in dem verlorenen Satz vornahm. Zuvor war Maik Winkler für Benedikt Bauer gekommen, der später in den Mittelblock rotierte. Dafür musste Tom Pietzonka Platz machen. Dort hätte eigentlich Dino Sebastian Kynast stehen sollen. Der meldete sich krank.

„Ich habe versucht, eine Mannschaft zu finden, die funktioniert“, begründete der GSVE-Coach später, „ich habe Leute gebraucht, die emotional über ihre Grenzen hinausgehen.“ Auch Kapitän Winkler stimmte ein: „Wir haben in der Saison schon oft gezeigt, dass es bei uns jeder kann. Aber es war die richtige Entscheidung, zu wechseln.“

Was dann auf dem Feld abging? Typisch Delitzsch – Genie und Wahnsinn. Mussten sich die Franken für die Satzsiege (25:22, 25:19) zuvor nicht einmal anstrengen, holten die Recken zum Ohrfeigen aus – links, rechts. Mit einem Spieler aus der 5. Liga. „Wir haben jemanden gebraucht, der den Gegner auch mit Gesten und Gesichtsausdruck bespielt“, erklärte Pietzonka das Phänomen, vor dem auch der Gäste-Trainer Milan Maric seinen Hut zog. „Er hat genau das gemacht, was die Mannschaft in dem Moment gebraucht hat – Aggressivität.“

Da ging sie ab, die Luzie – und das Publikum mit. Eine grandiose Stimmung, die die 350 Zuschauer auf den Rängen machten – auch dank der Gästefans. Von 5:1 über 8:2, 14:7, 18:8 zum 25:14. Wie Phönix aus der Asche – Delitzsch war da. Maik Winkler zelebrierte das eingesprungene Klappmesser, Paul Lohrisch brachte jeden Ball vor. Eingehauen wurde alles, auf Gedeih und Verderb. Im vierten Satz das gleiche Bild, nur dass Eltmann eine Schippe draufpackte. Packend diese Duelle am Netz und auf dem Boden. Robert Karl? Unstoppbar.

Und die Nummer 15. „Ich habe mich eher als Motivator gesehen“, sagt er später. „Wenn sie so ruhig durchgespielt hätten, wäre das 0:3 ausgegangen.“ Stattdessen steht es 2:2 – Tie-Break. Blitzstart GSVE. Die 4:1-Führung wird egalisiert. Zum Seitenwechsel liegt Delitzsch einen Zähler hinten – 7:8. Das steigert sich bis zum 11:14 – nach gut zwei Stunden Spielzeit. Aus, vorbei? Lohrisch holt den Aufschlag. Und ausgerechnet der Neuling aus der 5. Liga muss zum Aufschlag. Ein Blick zum Coach, ein Nicken, dann schwartet er an die Pille. Lohrisch blockt den Angriff – 13:14. Die Halle steht Kopf. Kommt noch einer? Risiko. Der Aufschlag dautzt auf, im Aus – 13:15. Delitzsch ist geschlagen, Eltmann feiert den Pott.

Grämen muss sich der 36-Jährige mit der Nummer 15 nicht. Chapeau für dieses Comeback, Sebastian Reichstein!

veröffentlicht am Montag, 24. April 2017 um 09:13; erstellt von EMIL TIMM, GSV Ehrenberg Delitzsch e.V.