Der Aberglaube spielt mit

TV/DJK Hammelburg vs. TGM Mainz-Gonsenheim, 09.03.19, 2. BLSM
Auch auf ihn wird es gegen Mainz wieder ankommen: Hallensprecher Olly Wendt
Foto: Sebastian Schmitt

Mainz, Grafing, Rüsselsheim II und Schwaig: Das Restprogramm in der 2. Bundesliga Süd fordert den Hammelburger Volleyballern einiges ab. Da spielen neben spielerischem und taktischem Können Dinge eine Rolle, die nicht mit Händen greifbar sind: Ticks, Rituale, Marotten, einfach Aberglaube, der Mut machen und Glück bringen soll. Und davon gibt es bei den Volleys-Spielern und Verantwortlichen einiges.

In der vergangenen Saison setzte Oliver Wendt auf das Modell "Karlitzek". Der Hallensprecher trug das Trikot mit dem Namenszug des ehemaligen Hammelburgers und jetzigen Frankfurter Bundesliga-Spielers Lorenz Karlitzek "in enger freundschaftlicher Verbundenheit". Und siehe da: Die Volleys avancierten in jener Saison zu einem der heimstärksten Teams in der 2. Liga.

Diese Spielzeit versuchte es Wendt mit einem Oberteil mit seinem eigenem Namenzug. Mit mäßigem Erfolg. Also schwenkte er auf die Konfektion "Radman" um. Der ehemalige Spieler und jetzige Co-Trainer der Hammelburg Volleys, Mario Radman, hatte ihn entsprechend ausgestattet. "Er sagte mir, ich bräuchte mal ein Trikot, was mir ein bisschen mehr positive Aggressivität verleiht." Doch trotz dieses modischen Kunstgriffes verloren die Hammelburger zumindest ihr Spiel gegen Schwaig. Auch die Nummer 8 von Luca Dierks auf dem Rücken des Hallensprechers half nicht wirklich.

Also zog Olly Wendt den letzten Joker: Er kramte das so erfolgreiche Karlitzek-Jersey aus dem Schrank hervor. Mit gutem Grund: Denn Spielervater Hartmut Karlitzek hatte gerade den Kontakt zum kanadischen Zuspieler Jackson Maris, der ebenfalls in Frankfurt spielte, vermittelt.

Das wirkte. Die Hammelburg Volleys gewannen ihre Heimspiele gegen Karlsruhe und Freiburg. Und Glücksbringer Lorenz Karlitzek fühlt sich "geehrt, dass Olly schon so lange mein Trikot trägt."

Ob der Erfolg wirklich an der Wendt'schen Trikotwahl lag, sei dahingestellt. Fest steht aber, dass die Spieler vor lauter Aberglauben keine Trikot-wechsel-dich-Spielchen veranstalten können. Dafür haben sie jede Menge andere Marotten. Oscar Benner hört beispielsweise "vor dem Spiel immer pushende Musik. Zudem ist mein Aufwärmritual immer das gleiche. Kurz vor dem Spiel binde ich dann noch einmal meinen Schuhe nach."

Janick Sill, diese Saison noch nicht oft im Einsatz, schaut sich vor den Spieltagen zuhause "öfters ein paar Motivations-Videos an. Währenddessen wird die Tasche gepackt und alles vorbereitet." Eine weitere Routine ist, dass Sill eine halbe Stunde vor dem Einschlagen noch einen Energy Drink trinkt, um voll da zu sein, wenn es ernst wird. "Zudem mache ich mir zum Spiel immer einen kalten grünen oder schwarzen Tee."

Moritz Rauber kocht sich mittags vor dem Spiel immer Nudeln mit Shrimps in Tomatensoße. "Vor dem Spiel und bis wir ans Netz gehen, habe ich immer einen Kopfhörer auf und höre relativ harten Techno."

Henning Schulte duscht sich vor jedem Spiel noch einmal, "sofern es mir möglich ist". Moritz Zeitler motiviert sich vor jedem Match mit der flammenden Rede von Al Pacino aus dem Film "An jenem verdammten Sonntag". Da geht es eigentlich um American Football. Luca Dierks hört, "bevor wir in die Halle kommen, immer eine bestimmte Playlist auf Spotify, mit House, Techno, EDM, Hardstyle und Linkin' Park".

Auch im Spiel ruhen die Rituale nicht. Nils Rehmeier sagt beispielsweise: "Beim Aufschlag oder bevor ich dann wieder für Lukas (Spachmann, d.R.) reinkomme, versuche ich immer denselben Ablauf zu haben. Bevor ich aufs Spielfeld gehe, lasse ich mir den Ball geben und habe dann immer die selbe Schrittfolge."

Und Trainer Karl Kaden? Hat vor einem Spiel ebenfalls einen ganz bestimmten Tick. "Aber den verrate ich nicht; sonst würde das kein Glück mehr bringen und ich müsste mir einen neuen ausdenken." Kein Geheimnis sollte bleiben, mit welchem Trikot Olly Wendt in den letzten Heimspielen gegen Main-Gonsenheim und Rüsselsheim II aufläuft. Das Modell "Karlitzek" dürfte schon bereitliegen.

Die Situation

Durch die 1:3-Niederlage der Hammelburg Volleys (9./27) in Gotha hat sich vor dem Heimspiel gegen die TG Mainz-Gonsenheim (Samstag, 20 Uhr) die Alarmstufe vier Spieltage vor Saisonende von einem hellen gelb in ein kräftiges orange verändert. Alles ist noch möglich in einer Liga, in der sich einzig Fellbach auf Abschiedstour aus der 2. Bundesliga befindet. "Wir hoffen, dass es in unserem Wohnzimmer wieder richtig gemütlich wird und unser tolles Publikum unsere Jungs zum Sieg puschen kann", hofft Hammelburgs Sponsoringbeauftragter Frank Jansen auf einen stimmungsvollen Volleyballabend gegen ein Schwergewicht der Liga. 

Der Gegner

 Mit der TG Mainz-Gonsenheim (3./44) empfangen die Volleys in ihrem vorletzten Heimspiel einen harten Brocken. Die Rheinländer hatten vor der Saison ihr Team deutlich verjüngt und den Klassenerhalt als Saisonziel ausgegeben. Doch das Team von Trainer Markus Pfahlert startete durch, rockte die Liga und könnte sich trotz aktuell sechs Punkte Rückstand auf Ligaprimus Eltmann noch immer die Meisterschale schnappen. Eine Dämpfer erfuhr die Erfolgsstory durch vier Niederlagen in Folge. Erst gegen Rüsselsheim fand die Turngemeinde um ihren bärenstarken Zuspieler Torben Tiddick Wagner wieder auf den Erfolgspfad zurück.

veröffentlicht am Freitag, 8. März 2019 um 16:05; erstellt von Steffen Standke, TV/DJK Hammelburg
letzte Änderung: 08.03.19 16:05