Maris bringt den Volleys viel Erfahrung

TV/DJK Hammelburg vs. #RotesRudel Fellbach, 19.01.19, 2. BLSM
Von den United Volleys nach Hammelburg: Zuspieler Jackson Maris
Foto: CEV

Gefühlt saßen Jackson Maris und seine Verlobte kurz vor Weihnachten im Flieger Richtung Heimat. Das halbe Jahr zuvor war für den 26-jährigen Kanadier enttäuschend verlaufen. Bei Erstligist United Volleys Frankfurt kam er als dritter Zuspieler meist nicht über die Rolle des Bankdrückers hinaus. Sein Vertrag endete zum Jahreswechsel. Dann kamen die Hammelburg Volleys. Und plötzlich steht Maris im Rampenlicht.

Schon in den Auswärtspartien bei den Youngstars Friedrichshafen und beim TSV Mimmenhausen prägte der Zuspieler das Spiel der Volleys. Das Resultat: zwei wichtige Siege im Abstiegskampf. "Die Jungs waren großartig. Wir haben einen guten Mix aus älteren und jüngeren Spielern, was es mir einfach machte, mich ins Team zu integrieren. Auch spricht jeder englisch, was sehr schön ist", schildert Maris seine ersten Eindrücke von der neuen Mannschaft. Auch das Management des TV/DJK habe sich sehr bemüht, dass es ihm und seiner Freundin in Hammelburg gefalle.

Der 1,90 Meter große Maris wurde am 15. April 1993 in Edson/Alberta geboren. Am Red Deer College in Alberta begann seine sportliche Karriere. 2011 nahm er an der University of Calgary ein Studium auf und spielte bis 2016 im Universitätsteam Dinos.

Da Volleyball in Nordamerika als Randsportart gilt und die Entwicklungschancen überschaubar sind, zog es Maris nach Europa. In Schweden spielte er je eine Saison für die Tierp und die Habo Volleys. Vergangenes Jahr holten die United Volleys den 26-Jährigen nach Frankfurt. Dort wiederum stehen die Hammelburger Eigengewächse Lorenz und Moritz Karlitzek unter Vertrag. Kein Wunder, dass der entscheidende Tipp für Maris' Verpflichtung von ihrem Vater Hartmut kam.

Dass Hammelburg existiert, wusste der Kanadier von Lorenz und Moritz Karlitzek. "Sie erzählten mir alles über die Stadt und den Volleyball-Club. So war mir sehr gut bewusst, worauf ich mich einlasse."

Nachdem Maris zunächst in einer Ferienwohnung unterkam, bezog er am 7. Januar mit seiner Verlobten ein Apartment in der Stadt. Das hatte ihm der Verein besorgt. "Es ist sehr angenehm, so nah an allem zu sein, an der Trainingshalle, dem Fitnessraum, dem Supermarkt. In Kanada wuchs ich auch in einer Kleinstadt auf, die Hammelburg sehr ähnelt. Ich fühle mich sehr wohl hier." Auch die Menschen vor Ort seien ihm offen und freundlich begegnet.Wenn das Wetter wärmer wird, möchte Maris die Natur rund um seinen neuen Wohnort erkunden und genießen.

Als einer der älteren Spieler im Team möchte der 26-Jährige seine bisherigen Erfahrungen im Volleyball-Geschäft nutzen, um seiner Mannschaft zu helfen. "Ich finde, dass der kanadische und der deutsche Stil, Volleyball zu spielen, sich sehr ähneln. Außer der Sprache, die auf dem Spielfeld gesprochen wird, gibt es kaum Unterschiede."

Darüber hinaus hat der Kanadier festgestellt, dass in der 1. im Vergleich zur 2. Bundesliga etwas anderes Volleyball gespielt wird. "Der größte Unterschied ist die Körperlichkeit der Spieler. Der Block springt höher in der 1. Liga und die Angaben kommen härter. Aber auch die 2. Liga verfügt über viele sehr erfahrene Akteure, die auf hohem Niveau spielen können."

Trainer Karl Kaden schätzt an seinem Neuzugang besonders dessen Erfahrung. "Das merkst du im Spiel. Jackson spielt deutlich flexibler und variantenreicher. Er schätzt die Situation durch seine Erfahrung besser ein, spielt den richtigen Pass im passenden Moment."

Kaden betont, dass er mit Maris und dem jungen Hannes Krochmann über "zwei gleichwertige Zuspieler" verfüge. Letzterer besitze zwar viel Talent; ihm fehle aber eben die angesprochene Erfahrung. "Er braucht noch etwas Zeit." Der 19-Jährige habe verstanden, dass der Verein Handlungsbedarf gesehen habe und die Möglichkeit, Jackson Maris zu holen, nutzen wollte.

Gegen Friedrichshafen spielte Hannes Krochmann gar nicht, in Mimmenhausen nur kurz. Maris brauchte die Spielzeit, um sich an seine neue Mannschaft zu gewöhnen. "Aber Hannes weiß, dass er seine Chance bekommen wird. Wenn er reinkommt, wird er uns helfen", sagt sein Trainer. Und vielleicht sei jetzt der Druck für den 19-Jährigen weg, es als Zuspieler allein richten zu müssen.

Zurück zu Maris: Ihn nach Hammelburg zu lotsen, erforderte ein ganzes Stück Arbeit. Obwohl es nach Frankfurt nur ein Katzensprung ist und die Vereinsverantwortlichen dank Hartmut Karlitzek detaillierte Infos über den Kanadier besaßen. Zwar gaben die United Volleys den Spieler unkompliziert frei. Aber zunächst mussten die Sponsoren zustimmen, das "Projekt Zuspieler" zu finanzieren. Dann musste eine Freigabe des kanadischen Volleyballverbandes her, inklusive Zahlung einer erheblichen Gebühr an den nationalen Verband. Nach der Freigabe meldete der Verein Maris bei der Volleyball-Bundesliga an; die Spielberechtigung wurde erteilt.

Die Aufenthaltsgenehmigung des 26-Jährigen in Deutschland lief am 5. Januar ab. Also holte Hallensprecher Oliver Wendt mit Maris einen länger gültigen Aufenthaltstitel bei der Ausländerbehörde Frankfurt ein. Auch galt es noch zu regeln, dass auch die Verlobte länger bleiben darf, was sich kompliziert gestaltete.

Auch in Hammelburg lief nicht alles glatt: In der Bleibe, die der Verein dem Spieler zuerst besorgte, gab es einen Heizungsschaden. Weswegen Maris eine Woche in eine Ferienwohnung auswich, ehe er dorthin ziehen konnte, wo er nun lebt.

Jackson Maris konzentriert sich nun auf die nächsten drei Monate. "Ich möchte so viele Spiele wie möglich gewinnen." Was die Zukunft betrifft, gibt er sich für alles offen.

Was hätte der 26-Jährige eigentlich getan, wenn er Ende Dezember in seine Heimat zurückgekehrt wäre? Er hätte nach eigenen Angaben Zeit mit seiner Familie verbracht. Er hätte trainiert und auf die richtige Gelegenheit gewartet, seine Volleyball-Karriere fortzusetzen.

Den vor Weihnachten geplanten Rückflug von Maris und seiner Freundin haben die Macher der Hammelburg Volleys auf Mitte April 2019 - nach dem letzten Heimspiel - umbuchen lassen. Ob auch dieser Termin sich verschiebt, weil der Vertrag des Kanadiers verlängert wird? Sich darüber Gedanken zu machen, sagt Karl Kaden, mache erst Sinn, wenn die Saison fast beendet sei.

Das Rote Rudel Fellbach stemmt sich gegen den Abstieg

Abstiegskandidat Nur drei gewonnene Spiele stehen auf der Habenseite der Fellbacher, die ähnlich wie Hammelburg vor der Saison einen personellen Aderlass in Kauf nehmen mussten. Viele der langjährigen und routinierten Spieler aus dem damaligen Meisterteam gingen; eine deutliche Verjüngung wurde eingeleitet. Punkten konnten das "rote Rudel" daheim gegen die Volleys aus Hammelburg, die in dieser Partie eine ihrer schlechtesten Saisonleistungen aufs Parkett gelegt hatten. Damals hatten Kapitän Manuel Harms und Diagonalmann Richard Peemüller die Volleys im Angriff nahezu alleine zerlegt.

Erstligaerfahrung Von der Tabellensituation der Fellbacher lassen sich die Hammelburger nicht blenden, wissen sie um die Spielstärke der Truppe um den früheren Erstliga-Profi Thiago Welter. Der Brasilianer, der von Ligakonkurrent Eltmann als Trainer nach Felbach kam, streifte sich im letzten Spiel seiner Truppe gegen Rüsselsheim sogar das Liberotrikot über, um die Annahme seiner Jungs zu stabilisieren.

Sechs-Punkte-Spiel So bezeichnen die Fellbacher auf ihrer Facebook-Seite das Spiel "bei dem direkten Konkurrenten im Abstiegskampf". Und auf Hammelburger Seite weiß man ebenfalls um die Wichtigkeit der Partie, das super schwere Restprogramm und darum, dass angeschlagene Wölfe noch viel gefährlicher sind. Hammelburg indes möchte die positive Energie aus dem Fünf-Punkte Wochenende vom Bodensee gerne fortführen und meldet alle Mann an Bord.

veröffentlicht am Freitag, 18. Januar 2019 um 17:19; erstellt von Steffen Standke, TV/DJK Hammelburg
letzte Änderung: 18.01.19 17:19